Die Markt-Sicht: Die deutschlandweite Mobilitätsplattform als Wachstumsmotor für MSPs

Februar 23, 2023
4 min
Die Corona-Pandemie hat sich auf fast alle Bereiche des öffentlichen und privaten Lebens ausgewirkt. Auch mit Blick auf die Mobilität hat die Krise für noch nie da gewesene Verhältnisse gesorgt und Entwicklungen beschleunigt, die sich sonst wahrscheinlich erst in einigen Jahren realisiert hätten. Mobility-as-a-Service (MaaS) kann eine Lösung für Mobilitätsanbieter sein, um mit den Folgen der Pandemie umzugehen.
Mobimeo entwickelt eine Mobility-as-a-Service-Plattform (MaaS) für die Alltagsmobilität. Unser Ziel ist es, Mobilität einfacher und Städte grüner zu machen – deutschlandweit. Hierfür unterstützen wir öffentliche Verkehrsunternehmen und -verbünde als Partner bei der Digitalisierung ihres Angebots. Um Tempo aufzunehmen und die digitale Kundenschnittstelle nicht branchenfremden Technologieunternehmen zu überlassen, sind unserer Meinung nach Standards für die wesentlichen Bereiche einer MaaS-Plattform notwendig. In einer Serie von Blog-Beiträgen zeigen die Teams von Mobimeo, wie wichtig Standards für eine deutschlandweite MaaS-Plattform sind. Diesmal sprechen wir mit unserem Lead Partner Manager, Fabian Brändle.

Hi Fabian. Wir fragen das gern jede:n Interviewpartner:in am Anfang: Welche drei Hashtags fallen dir aus Marktperspektive, speziell aus der Sicht von Mobility Service Providern (MSPs), zum Begriff „einheitliche Mobilitätsplattform“ ein?

Da kommen mir spontan #ScalingThroughPartnerships und #NewTargetGroups in den Sinn.

 

Was genau meinst du mit #ScalingThroughPartnerships?

Der große Vorteil einer einheitlichen Mobilitätsplattform ist für die Mobility Sharing Provider, dass die ganze Set-up und Integrationsarbeit nur einmal gemacht werden muss. Konkret heißt das: Man muss nur einmal einen Vertrag mit uns schließen, um in alle Apps mit eingebunden zu werden, die auf unserer Plattform basieren. So ein Vertrag beinhaltet ja immer viele Aspekte: Legal, Capacity, Commercial, Product – und das bei beiden Vertragspartnern. Da sind auf beiden Seiten mehrere Teams involviert. Insofern ist es ein riesiger Vorteil, so einen Vertrag nur einmal schließen zu müssen und - wenn der jeweilige Sharing-Partner zustimmt - in alle Apps integriert werden zu können. Gleiches gilt natürlich auch für die technischen Anforderungen.

 

Welche Vorteile hat eine Standard-Mobilitätsplattform noch für die MSPs?

Auch aus kaufmännischer Sicht bedeutet Mobimeo eine immense Ersparnis für die MSPs. Ein Beispiel: Wenn wir mehrere MSPs in unserer MaaS-Plattform integriert haben, muss die Führerscheinvalidierung nur einmal vorgenommen werden. Das läuft bei allen Sharing-Anbietern über externe Dienstleister, die dafür natürlich Geld haben wollen. Und dieses Geld muss erst einmal verdient werden: über die Fahrten, die Nutzer:innen machen.

Das ist ein Beispiel für Kosten, die bei einer einheitlichen-Mobilitätsplattform auf mehrere MSPs verteilt werden können.

 

Und was meinst du mit #NewTargetGroups?

Eine standardisierte Plattform bietet eine wertvolle Grundlage für Kooperationen zwischen dem heterogenen öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV) und Sharing Providern, zum Beispiel beim Aufbau und Betrieb von Mobility-Hubs. Wenn mehrere MSPs in die Plattform eingebunden sind, fällt es deutlich leichter, deren Angebot mithilfe eines Mobility-Hubs zu verknüpfen. Für die MSPs bedeutet die Integration in das digitale Angebot des ÖPNV mehr Reichweite und die Erschließung neuer Nutzergruppen – und für die Nutzer:innen mehr Auswahl und mehr Komfort durch vernetzte Mobilität.

 

Fällt dir noch ein dritter Hashtag ein?

#FocusOnTheProduct. Für eine einheitliche Mobilitätsplattform ist es immens wichtig, dass alle Beteiligten an einem Strang ziehen und sich auf das Produkt konzentrieren. Das gilt sowohl für uns als Teams untereinander, als auch für die Zusammenarbeit mit unseren Partner:innen. Standards müssen einheitlich gesetzt und umgesetzt werden, um ihren Vorteil zu realisieren. Mobimeo kann nicht alle individuellen Anforderungen einzelner Verkehrsbetriebe erfüllen, wie sie zum Beispiel in Ausschreibungen gestellt werden. Wenn wir auf alle individuellen Bedingungen lokaler App-Anbieter eingehen würden, müssten wir mehrere Source-Codes pflegen und weiterentwickeln. Da wäre der ganze Skaleneffekt dahin und entsprechend die Kosten für Betrieb und Entwicklung auch für unsere Kunden deutlich höher. In diesem Sinne müssen die technischen Anforderungen, z. B. an APIs, klar beschrieben werden, damit wir von Anfang an die richtigen Informationen für die Verhandlungen mit MSPs und Tech-Anbietern haben.

 

Was ist den MSPs denn wichtig, mit denen ihr sprecht?

Sie wollen sich nur in größere Plattformen und reichweitenstarke Apps integrieren – und nicht in einzelne Apps von kleineren, regionalen Verkehrsverbünden. Der Grund ist, dass der Faktor Wirtschaftlichkeit in den letzten Monaten bei den MSPs zunehmend in den Mittelpunkt gerückt ist. Sie gehen mittlerweile auf Profitabilität und nicht mehr auf Wachstum um jeden Preis.

 

Reden wir mal über Zahlen: Was ist aus Sicht eures Teams eine wichtige Zahl aus der Mobilitätsbranche?

Zehn Millionen! Das ist die Anzahl der E-Scooter-Fahrer in 2022 in Deutschland. Das entspricht 22 Prozent der Gruppe der 18- bis 59-Jährigen. Vor fünf Jahren war der E-Scooter noch ein reines Nischenprodukt. Die Geschwindigkeit der Marktdurchdringung ist beeindruckend. Auch die Zahlen der Nutzer:innen von Car-Sharing sind signifikant gewachsen: Ganze 3,4 Millionen Fahrberechtigte sind mittlerweile zum Car-Sharing angemeldet – bei 30.000 Fahrzeugen in Deutschland. Das birgt natürlich ein enormes Potenzial für die Auslastung in sich.

 

Arbeiten denn alle MSPs profitabel?

Die Rentabilität von Sharing-Anbietern ist tatsächlich ein potenzielles Hindernis für weiteres Wachstum. Bisher fällt es den Anbietern noch schwer, profitabel zu agieren, insbesondere at scale und außerhalb der Ballungsgebiete. Das Sharing-Geschäft erfordert mit dem hohen Investment in die technische Entwicklung und in die Fahrzeuge sehr viel Kapital. Tatsächlich wird sich die Marktkonsolidierung, die wir bereits in 2022 gesehen haben, in 2023 wahrscheinlich fortsetzen mit weiteren Übernahmen.

 

Was kann Mobimeo noch für die MSPs tun?

Beispielsweise können Mobility-Hubs sehr dabei helfen, Logistik und Operations der MSPs einfacher - und damit günstiger - zu machen, indem die Fahrzeuge konzentriert an einem Punkt abgestellt werden. Wenn 200 Fahrzeuge an einem Punkt stehen, sind diese viel einfacher zu warten, als wenn sie über die ganze Stadt verteilt sind. Hier können große Synergien gehoben werden. Der ÖPNV-Anbieter stellt den Platz zur Verfügung und Nutzer:innen bekommen finanzielle Anreize, damit sie das Fahrzeug wieder am Mobility-Hub abstellen. Dort wird es dann geladen oder gewartet.

Eine derartige Zusammenarbeit zwischen MSPs und ÖPNV ist natürlich auch im Sinne der jeweiligen Stadt - was wiederum helfen kann, Vorbehalte bei den Verantwortlichen gegenüber Micro-Mobility-Angeboten abzubauen.

 

Letzte Frage: Was ist deine persönliche Zukunftsvision für eine einheitliche Mobilitätsplattform?

In der Zukunft wird es auf der Basis der einheitlichen Mobilitätsplattform Apps geben, die deutschlandweit funktionieren und die die Menschen aufgrund ihrer User Experience (UX) begeistern. Sie bieten eine einfache und schnelle Anbindung aller relevanten MSPs und Tech-Anbieter und damit ein umfassendes Angebot an Mobilitätsoptionen von ÖPNV über Sharing bis On-demand. Dabei haben die Nutzer:innen nur einen Account, mit dem sie überall in Deutschland, auch auf dem Land, unterschiedliche Verkehrsmittel je nach Bedarf und Präferenz suchen, buchen und bezahlen können.

 

Vielen Dank für das Gespräch, Fabian.

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