Die Produkt-Sicht: Digitalisierung ermöglicht die Verkehrswende

Januar 26, 2023
4 min
Die Corona-Pandemie hat sich auf fast alle Bereiche des öffentlichen und privaten Lebens ausgewirkt. Auch mit Blick auf die Mobilität hat die Krise für noch nie da gewesene Verhältnisse gesorgt und Entwicklungen beschleunigt, die sich sonst wahrscheinlich erst in einigen Jahren realisiert hätten. Mobility-as-a-Service (MaaS) kann eine Lösung für Mobilitätsanbieter sein, um mit den Folgen der Pandemie umzugehen.
Mobimeo entwickelt eine Mobility-as-a-Service-Platform (MaaS) für die Alltagsmobilität. Unser Ziel ist es, Mobilität einfacher und Städte grüner zu machen – deutschlandweit. Hierfür unterstützen wir öffentliche Verkehrsunternehmen und -verbünde als Partner bei der Digitalisierung ihres Angebots. Um Tempo aufzunehmen und die digitale Kundenschnittstelle nicht branchenfremden Technologieunternehmen zu überlassen, sind unserer Meinung nach Standards für die wesentlichen Bereiche einer MaaS-Plattform notwendig. In einer Serie von Blog-Beiträgen zeigen die Teams von Mobimeo, wie wichtig Standards für eine deutschlandweite MaaS-Plattform sind. Diesmal sprechen wir mit unserem Head of Product, Felix Salfner.

Hallo Felix. Ganz spontan: Welche drei Hashtags fallen dir aus Produktsicht zum Begriff „einheitliche Mobilitätsplattform” ein?

Das fragen mich meine Social-Media-affinen Söhne auch immer (lacht). Für mich sind die drei wesentlichen Hashtags

#VerkehrswendeDigital 

#MakeMaaSEasy 

und #MakeMaaSMainstream

 

Kannst du uns das näher erläutern?

Nehmen wir #VerkehrswendeDigital: Ich bin davon überzeugt, dass die Verkehrswende nur digital funktionieren kann - indem man verschiedene Dienste und Angebote miteinander verknüpft. In ländlichen Regionen beispielsweise kann eine wirkliche Veränderung des Mobilitätsverhaltens nur dann gelingen, wenn mit Hilfe von autonomen On-Demand-Diensten jedem Menschen innerhalb von zehn Minuten ein Verkehrsangebot gemacht werden kann. Diese Angebote müssen für jede:n digital und einfach buchbar sein – idealerweise über eine einzige App. Und da kommt Mobimeo als Anbieter einer einheitlichen Mobilitätsplattform ins Spiel.

 

Warum ist es für die Entwicklung des digitalen Produkts MaaS-Plattform so wichtig, Standards zu etablieren?

Unsere MaaS-Plattform verzahnt den Öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV) mit Sharing- und On-Demand-Angeboten. Wir stärken Verkehrsunternehmen und -verbünde, indem wir sie dabei unterstützen, ihr Angebot zu digitalisieren und kontinuierlich weiterzuentwickeln. Wenn wir dabei gemeinsam den Kontakt mit den Nutzer:innen des ÖPNV halten wollen, dürfen wir die digitale Kundenschnittstelle nicht verlieren! Dafür kann es aus ökonomischer Sicht nur eine Lösung geben: Die Qualität dieser Schnittstelle durch Bündelung von Ressourcen zu verbessern. Je mehr Partner sich beteiligen, desto mehr können wir erreichen. Eine Voraussetzung, um dabei effizient zu sein, ist Standardisierung. 

 

Was bedeutet das genau?

Wir müssen den großen Playern wie Google, Apple und Uber ein attraktives Angebot entgegensetzen. Gegenwärtig besteht in Deutschland ein Wirrwarr von Nahverkehrs-Apps mit häufig überschaubarem Leistungsumfang und einer nicht begeisternden User Experience (UX). Diese Apps werden von unterschiedlichen Agenturen gebaut und anschließend fünf Jahre lang kaum weiterentwickelt. Fünf Jahre! Das entspricht in der digitalen Welt einem ganzen Jahrhundert. Die großen Technologieunternehmen dagegen entwickeln ihre Produkte permanent weiter. Genau das müssen wir auch tun, aber das geht nur, wenn wir Ressourcen bündeln und Standards etablieren.

 

Wie viele solcher Apps gibt es denn?

Es gibt in Deutschland momentan mehr als 100 Mobilitäts-Apps - das ist doch Wahnsinn. Für mich gibt es einen geschichtlichen Vergleich: Die Situation heute erinnert mich an die Kleinstaaterei, die in Deutschland vor 1848/1849 herrschte. Jeder Verkehrsverbund kocht sein eigenes Süppchen, anstatt zusammenzuarbeiten. Keine dieser Apps kann wirklich Kraft entfalten. Entweder es fehlt an Geld oder an Erkenntnissen in Form von Daten, um sie wirklich gut zu machen. Im Gegensatz dazu verfügt Google nicht nur über erhebliche Etats, sondern mit Millionen monatlich aktiven Nutzer:innen über einen riesigen Datenschatz, um sein Angebot immer weiter zu verbessern. Wir müssen unsere Kräfte jetzt bündeln, um das Rückgrat der Mobilität, den ÖPNV, zu stärken – mit einer einzigen Plattform, auf der sich die Nutzer:innen einmal anmelden, um alle Angebote direkt suchen, buchen und bezahlen zu können.

 

Was braucht es deiner Meinung nach noch, um die einheitliche MaaS-Plattform erfolgreich zu machen?

Ganz einfach: die uneingeschränkte Bereitschaft, die Nutzer:innen ins Zentrum der Produktentwicklung zu stellen und aus Nutzungsverhalten und User-Feedback zu lernen. Je mehr Informationen wir haben, desto besser werden wir. Dabei helfen uns auch standardisierte Auswertungsprozesse. 

 

Kommen wir zum zweiten Hashtag #MakeMaaSEasy: Was bedeutet das für dich als Head of Product?

Die Apps, die wir für unsere Kunden entwickeln, orientieren sich an etablierten UX-Standards und sind einfach bedienbar. Dafür müssen wir ausprobieren, analysieren und iterieren. Und Dinge, die nicht funktionieren, schnell beerdigen. Der Maßstab der Nutzer:innen ist heute die einfache Bedienbarkeit - und auch der Service - von digitalen Angeboten wie Amazon. Die intuitive Bedienbarkeit aller Features ist das A und O, um Nutzungshürden zu verringern. Nur dann können wir eine wirkliche Alternative zu den großen Playern bieten und die Nutzer:innen dauerhaft binden.

 

Wie sollen sich die Apps von Mobimeo von denen der großen Player unterscheiden? 

Neben der Möglichkeit zu suchen und zu buchen, bieten Apps heute den wichtigsten digitalen Kommunikationskanal zwischen Kund:innen auf der einen und dem ÖPNV und den privaten Mobilitätsanbietern auf der anderen Seite. Die Apps werden zu einem Navigationssystem im komplexen Mobilitätsökosystem, das sich um den ÖPNV herum bildet. 

 

Als dritten Hashtag hast du #MakeMaaSMainstream genannt. Erklär’ uns das noch ein bisschen näher.

MaaS ist heute noch ein Angebot für Early Adopters, die in unserem Fall zu ungefähr 80 Prozent männlich und jünger als 35 Jahre alt sind. Um die Ziele von MaaS - mehr Optionen für nachhaltige Mobilität, Verkehrswende und Klimaschutz - zu erreichen, müssen wir die Nutzer:innenbasis verbreitern. Wir arbeiten als Team jeden Tag daran, dass MaaS in Zukunft zum Beispiel auch von älteren Menschen genutzt wird. Nur wenn der Zugang zu Mobilität einfach ist, werden Nutzer:innen in Zukunft statt privater Autos ein Sharing-Bike nutzen. Dafür ist Barrierefreiheit eine weitere wichtige Voraussetzung. Darüber hinaus wollen wir neue Use-Cases erschließen: Für den Wochenendeinkauf kann man sich genauso gut ein Lastenfahrrad oder ein E-Auto mieten - dafür muss man heute kein Auto mehr besitzen, das zu 95 Prozent der Zeit ungenutzt am Straßenrand steht.

 

Letzte Frage: Was ist aus Produktsicht deine Zukunftsvision für eine einheitliche Mobilitätsplattform?

Ich wünsche mir, dass die Mehrheit der Menschen die Frage „Wie komme ich von A nach B?“ nicht mehr mit Google Maps, sondern mithilfe unserer Apps beantwortet. Dort wird in Zukunft ein vernetztes Angebot aus ÖPNV, Sharing oder autonomen On-demand-Services gemacht, so dass sich jede:r in der Stadt und auf dem Land unkompliziert und nachhaltig fortbewegen und diese Zeit für sich selbst nutzen kann. Die ehemaligen Garagen und Parkplätze könnten dann völlig anders genutzt werden.  

 

Vielen Dank für das Interview, Felix.

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