„Warum ist gutes Design so wichtig für MaaS-Apps, Aaron?“

Februar 17, 2022
4 min
Die Corona-Pandemie hat sich auf fast alle Bereiche des öffentlichen und privaten Lebens ausgewirkt. Auch mit Blick auf die Mobilität hat die Krise für noch nie da gewesene Verhältnisse gesorgt und Entwicklungen beschleunigt, die sich sonst wahrscheinlich erst in einigen Jahren realisiert hätten. Mobility-as-a-Service (MaaS) kann eine Lösung für Mobilitätsanbieter sein, um mit den Folgen der Pandemie umzugehen.
Mobility-as-a-Service (MaaS) ist ein Schlagwort, das ganz unterschiedlich ausgelegt wird - je nachdem, wer es benutzt. Für Mobimeo als Anbieter einer MaaS-Plattform ist es Teil unserer DNA. Deshalb möchten wir das Thema aus verschiedenen Perspektiven analysieren und zeigen, was es für uns bedeutet. In einer Serie mehrerer Interviews befragen wir interne Expert:innen zu ihrer persönlichen Sicht auf MaaS. Da das App-Design einen großen Einfluss auf die Bedienfreundlichkeit und Beliebtheit von Apps hat, haben wir unseren Head of Design, Aaron von Fintel, gefragt, welche Rolle Design für MaaS-Apps spielt und was das Design-System von Mobimeo so besonders macht.

Warum ist das Design ein so wichtiges Element für eine erfolgreiche MaaS-App?

Generell ist Design im ganzheitlichen Sinne, also wenn wir von der Gestaltung der Bedienoberfläche (UI), des Nutzungserlebnisses (UX), den Texten und allen anderen sichtbaren Elementen sprechen, wichtig für den Erfolg einer App. Gerade für MaaS-Anwendungen halte ich es für noch wichtiger als für andere Angebote. Für Nutzer:innen ist eine Mobilitäts-App sehr komplex: Einerseits in Bezug auf die Vielzahl an Funktionen, Optionen und Informationen. Andererseits wegen der Art und Weise, wie Nutzer:innen mit dem Produkt umgehen. Sie ist aufgabenorientiert und häufig ist es notwendig, schnell, sehr spezifisch und gezielt zu interagieren - um beispielsweise eine Route zu finden oder ein Ticket zu kaufen. Nutzer:innen verbringen in der Regel nur sehr wenig Zeit mit der App. Die an sie gestellten Aufgaben müssen aber - trotz Eile oder einfahrender U-Bahn - fehlerfrei erfüllt werden. Daher sind ein sehr klares, zielorientiertes Informationsdesign und eine auf schnelle Entscheidungen und Übersichtlichkeit ausgelegte UX wichtig. 

In diesem Sinne ähneln MaaS-Apps sowohl Produktivitätstools als auch – und das ist vielleicht noch relevanter – Point-of-Sale-Systemen (POS) wie Geldautomaten. Vor allem POS-Systeme richten sich an jede:n. Das ist die größtmögliche Zielgruppe, unabhängig von Kategorien wie Alter, Geschlecht oder Bildung. Daher müssen Informationen eindeutig sowie UI- oder UX-Patterns selbsterklärend sein. 

An dieser Schnittstelle kann gutes Design seine Stärken richtig ausspielen: Human-centric Design macht das Produkt zugänglich. Das auf die Zielgruppe ausgerichtete Design macht es nutzungsfreundlich und verständlich statt komplex und technisch. Aus diesem Grund ist unser Ziel bei Mobimeo, ein Design zu entwerfen, das die Menschen anspricht. 

 

Was macht das Mobimeo Design-System so besonders?

Zunächst einmal handelt es sich um ein White-Label-Design-System mit einem klaren Fokus auf MaaS-Lösungen. Was es besonders macht, ist unser Anspruch, ein radikal einfaches Design zu entwickeln, das einen ganzheitlichen Ansatz verfolgt und dabei alles von UI/UX über Branding und Konfigurierbarkeit bis zu Tonalität und Barrierefreiheit abdeckt. 

Um das Ganze etwas greifbarer zu machen, lässt sich das Design-System als Ausgangspunkt vorstellen, an dem die Kernanforderungen von Produktvision und -prinzipien, die Anforderungen von Kund:innen- und Nutzer:innen und die Inhalte (Routen, Verkehrsmittel etc.) sowie die technischen Anforderungen von iOS und Android zusammenkommen.

Für unser Design haben wir bei Mobimeo eine eigene Philosophie und eine klare gestalterische Identität entwickelt. Sie wird von dem legendären Designer Dieter Rams inspiriert, der das zu Kult gewordene Design von Braun über Jahrzehnte geprägt hat. Unser Design bringt unsere Prinzipien in Einklang: Klarheit und Zweckmäßigkeit sowie Ästhetik und Freude an der Nutzung, um ein positives Produkterlebnis mit einem eindeutigen Fokus auf den Inhalt zu schaffen. Ich bin davon überzeugt, dass dieser letzte Anspruch besonders wichtig ist. Unser Ehrgeiz bei der Gestaltung von Apps besteht darin, das weniger Wichtige zu reduzieren und das Relevante in den Vordergrund zu stellen. Das erreichen wir auf verschiedenen Wegen, zum Beispiel indem wir uns intensiv mit der Bedeutung der einzelnen Informationen für die Nutzer:innen - der Informationshierarchie - beschäftigen und datengestützte Methoden wie UX-Tests und Produktanalyse nutzen, um ein kontextbezogenes und personalisiertes Erlebnis zu schaffen. 

Wie kann sichergestellt werden, dass das App-Design auf Skalierbarkeit angelegt ist?

Zunächst arbeiten wir an den Grundlagen: Wir folgen bewährten UI- und UX-Ansätzen und beachten die Richtlinien für mobile Betriebssysteme (iOS und Android). Im nächsten Schritt wenden wir kleinteiligere Prinzipien wie Atomic Design und einen Kaskadenansatz von globalen zu funktionsspezifischen Komponenten an.

Darauf aufbauend ist unser Designsystem in mehrfacher Hinsicht auf Skalierbarkeit ausgelegt: Wiederverwertbarkeit wird erreicht, indem die Komponenten so konzipiert sind, dass sie möglichst viele Anwendungsfälle abdecken. Das Design-Team arbeitet in jeder Phase der Konzeption eines neuen Produkts mit den Entwickler:innen zusammen, um sicherzustellen, dass die Gestaltung die technischen Möglichkeiten eines Features bestmöglich für die Nutzer:innen zugänglich macht. Screens, Templates und Flows sind modular aufgebaut, so dass wir Elemente auf allen Ebenen hinzufügen und entfernen können, von ganzen Funktionen bis hin zu bestimmten Inhalten im Detail, ohne, dass danach etwas nicht mehr funktioniert. Angesichts der Komplexität von urbaner Mobilität und der Notwendigkeit, viele dynamische und kontextbezogene Inhalte zu berücksichtigen, ist das eine enorme Herausforderung. 

Ein weiterer wichtiger Beitrag von Design für Skalierbarkeit ist unser Konzept zur Anpassung der White-Label-Apps an die Anforderungen des jeweiligen Kunden (Configurability) und des regionalen Marktes (Localization). Das bedeutet, dass wir die Apps an das Corporate Design und die Inhalte eines neuen Verkehrsunternehmens oder -verbundes leicht anpassen können - zum Beispiel durch Übernahme der Symbole für die einzelnen Verkehrsmittel, Farben der Linien oder Texte - und, dass die für die jeweilige Stadt oder Region spezifischen Angebote - wie Sharing- und On-Demand-Dienste - einfach eingebunden werden können.

 

Was sind die wichtigsten Erfolgsfaktoren, wenn es darum geht, ein starkes Design-Team in einem Mobilitäts-Start-up aufzubauen?

Natürlich gibt es die üblichen Faktoren, die den Erfolg eines Teams ausmachen, wie Talent, gute Organisation, Zusammenarbeit. Für eine White-Label-MaaS-App gibt es meiner Meinung nach eine weitere wichtige Anforderung, die dazu kommt: das richtige Mindset. Design-Teams in Mobilitäts-Start-ups müssen in der Lage sein, mit einer hohen Komplexität und häufig auch mit einer großen Ungewissheit umzugehen. Sie müssen flexibel und gleichzeit geduldig sein, denn sie sind von vielen externen Stakeholdern mit manchmal widerstreitenden Interessen abhängig. Für uns macht es das besonders spannend: Es ist kein Produkt, bei dem man die 100-prozentige Kontrolle haben kann. An dieser Stelle kommt das Mindset des Teams ins Spiel, mit diesen Anforderungen umgehen und und trotzdem liefern zu können!  

 

Der Interviewpartner

Aaron von Fintel ist Head of Design bei Mobimeo. Gemeinsam mit seinem Team gestaltet er das Erscheinungsbild der MaaS-Plattform von Mobimeo - und damit jeder darauf aufbauenden App. 

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