Hallo Karla. Wenn es darum geht, Standards für eine einheitliche Mobilitätsplattform zu etablieren: Welche drei Hashtags fallen Dir dazu ein?
Aus der Sicht unseres Teams sind das eindeutig #TestFastFailFast, #MobilityAsAMindset und #BeAPartner.
#TestFastFailFast? Das musst du uns genauer erklären.
In unserer digitalen Welt ist Schnelligkeit ein wichtiger Erfolgsfaktor. Die Herausforderung für uns ist, die passenden Produktentscheidungen für eine breite Zielgruppe zu treffen. Natürlich könnten wir die Produktentwicklungs-Entscheidungen einfach basierend auf Annahmen treffen. Doch Produktentwicklung ist meistens aufwändig und kostenintensiv. Um unnötige Kosten zu vermeiden, ist es daher notwendig, einen Prozess an der Hand zu haben, mit dem wir unsere Annahmen validieren können.
In traditionelleren Industrien gewinnt man diese Erkenntnisse in der Regel durch monatelange Marktforschungs-Arbeit und das wäre auch in Ordnung. Diese Zeit haben wir bei Mobimeo aufgrund der Art unseres Produkts nicht. Um in der digitalen Welt zu bestehen und mit den Besten und Schnellsten der Branche konkurrieren zu können, musst du auch in der Marktforschung Standards etablieren, die dir schnell Aufschluss darüber geben, was für die Nutzer:innen funktioniert und was nicht. Eine unserer Aufgaben als User Experience (UX) Research Team besteht darin, den Input und das Feedback der Nutzer:innen in jede Phase der Produktentwicklung mit einfließen zu lassen. Dafür haben wir interne Prozesse etabliert, die uns dabei helfen, Ideen zu generieren, sie schnell zu testen und aus den Ergebnissen zu lernen. Die Nutzer:innen in den Mittelpunkt zu stellen - nutzerzentriert zu sein - und ihnen zuzuhören ist bei Mobimeo fester Bestandteil unserer DNA.
Wie genau macht ihr das denn?
Nutzerzentriert zu sein, übersetzen wir mit “user centricity”: Bei Mobimeo stellen wir die Bedürfnisse der Nutzer:innen in den Mittelpunkt unserer Arbeit. Wir hören ihnen zu und verwenden die Erkenntnisse, die wir daraus gewinnen, um unsere Plattform ständig weiterzuentwickeln. Dafür nutzen wir unter anderem eine Methode, die wir den „Insights Train“ nennen, die auch unser UX-Designer Sorin bereits erwähnte. Hier kommen die Produkt-, Tech- und Design-Teams mit uns Researchern zusammen, um direktes Nutzer:innen-Feedback zu erhalten. Das hat sich als sehr effektiv erwiesen, beispielsweise bei der Erörterung explorativer Fragen, der Entwicklung neuer Prototypen oder der Verbesserung bestehender Funktionen.
Daneben beziehen wir auch direktes Feedback in die Produktentwicklung mit ein. Sobald ein Produkt gelauncht ist, erhalten wir unmittelbares Feedback über unsere App. Wir sammeln und analysieren es und kombinieren es zum Teil mit dem Nutzungsverhalten, das unser Analytics-Team erhebt und auswertet. Die Ergebnisse teilen wir dann mit den anderen Teams bei Mobimeo.
Darüber hinaus arbeiten wir gerade an UX-Key-Performance-Indikatoren (KPIs), anhand derer wir nachverfolgen können, wie unsere Produkte angenommen werden. Das hilft uns, die Wahrnehmung der Nutzungserfahrung mit der der Konkurrenz zu vergleichen.
Als zweiten Hashtag hast du #MobilityAsAMindset genannt…
Genau! Bei der Produktentwicklung setzen Unternehmen in der Regel auf Personas. Warum nutzen sie Personas? Es geht darum, Produkte zu entwickeln, die genau auf eine bestimmte Zielgruppe zugeschnitten sind. Theoretisch klingt das super, für Unternehmen im Mobilitätssektor ist es allerdings nur schwer umsetzbar, da wir mit diesem Ansatz schnell an Grenzen stoßen. Das liegt an den Bedürfnissen und Zielen unserer Zielgruppe, die sich stark von den Bedürfnissen der Zielgruppe, zum Beispiel einer Musik-Streaming-Plattform, unterscheiden. In der Mobilitätsbranche sprechen wir von „User Journeys“ und diese User Journeys variieren je nach Kontext und Ziel. Ein Beispiel: Als Unternehmensberater möchte ich vormittags einfach nur pünktlich bei meinem Termin ankommen. Im Persona-Ansatz wäre der Consultant eine andere Persona als ein Studierender, der morgens pünktlich zur Vorlesung kommen möchte. Mit dem Mindset-Modell, welches sich an den Bedürfnissen, Zielen und Erwartungen der Menschen orientiert (nach Kellie Cummings), könnten wir den Unternehmensberater und den Studierenden zusammenfassen, da sie im Mobilitätskontext beide den gleichen Mindset haben: Pünktlich zu sein (“Be On Time”).
Wir haben in den letzten Jahren gemerkt, dass das Prinzip der Personas für die Entwicklung einer Mobilitätsplattform nicht funktioniert. Bei Mobimeo denken wir daher heute in Mindsets.
Das mit den Mindsets musst du uns näher erklären?
Wir müssen uns auf die jeweilige Art der Fahrt sowie deren Zweck konzentrieren – und darauf, welche Informationen für sie benötigt werden. Das variiert von Mindset zu Mindset, aber so können wir innerhalb unserer breiten Zielgruppe mit nur einem Produkt die Bedürfnisse unterschiedlichster Nutzer:innen erfüllen, die in diesem Moment alle das Mindset „Pünktlichkeit“ oder "Spontanität" haben. Das macht es für uns viel leichter, Produkte zu entwickeln und zu verbessern, die situationsabhängige Mobilitätsbedürfnisse erfüllen.
Und was meinst du mit #BeAPartner?
Mobilität bedeutet in erster Linie Freiheit. Um ohne eigenes Auto sondern mit verschiedenen Mobilitätsanbietern, von A nach B zu gelangen, muss man heute noch mehrere Apps für eine einzige User Journey verwenden. Dazu gehören die Apps von Anbietern des Öffentlichen Personennahverkehrs (ÖPNV),von Sharing-Fahrzeugen und On-Demand-Verkehren. Außerdem wollen die Nutzer:innen über eventuelle Staus oder Verspätungen informiert sein und verwenden dazu häufig die Apps von Kartendiensten. Dazu kommt, dass es immer mehrere Möglichkeiten gibt, von A nach B zu kommen. Die Mobilität in Städten ist sehr komplex und zuweilen überfordert diese Komplexität die Nutzer:innen. Was die Menschen in dieser Situation brauchen, ist nicht nur eine App, die all die Möglichkeiten übersichtlich darstellt, so dass die Nutzer:innen die für sie richtige Auswahl treffen können. Die Menschen brauchen eine App, die alle relevanten Informationen für ihre individuellen Mobilitätsbedürfnisse übersichtlich für sie bereitstellt. So können sie einfach und schnell Entscheidungen treffen. Denn eins ist klar: in der Alltagsmobilität wird am Ende die App gewinnen, die am wenigsten Aufmerksamkeit und Anstrengung erfordert.
Bezieht sich das Hashtag #BeAPartner auch auf die Industrie?
Auf jeden Fall! Für mich bezieht sich dieser Hashtag auch auf den partnerschaftlichen Ansatz, den wir bei Mobimeo verfolgen. Wir bieten der ÖPNV-Branche als Partner eine state-of-the-art digitale Lösung für ihre Nutzer:innen an. Es ist nichts Neues, wenn ich sage, dass unser Markt stark fragmentiert ist. Jeder Mobilitätsanbieter, egal ob ÖPNV-Unternehmen oder Sharing-Anbieter, ist mit einer Vielzahl von unterschiedlichen Regularien und Gesetzen konfrontiert, die auch noch von Bundesland zu Bundesland unterschiedlich sind. Das erschwert die Erschließung neuer Zielgruppen erheblich. Durch den Einsatz des Mindset-Modells erreichen wir eine Standardisierung in der Produktentwicklung. Diese Standardisierung hilft unseren Partnern nicht zuletzt dabei, den Markt zu durchdringen und eine breitere Zielgruppe anzusprechen.
Was wäre aus der Sicht deines Teams denn noch wichtig, um eine einheitliche Mobilitätsplattform erfolgreich zu entwickeln und zu etablieren?
Wichtig ist, dass wir alle an einem Strang ziehen. Das gilt nicht nur für die Mobimeo-Teams, sondern auch für die Zusammenarbeit mit unseren Partnern. Die Kernfrage für alle sollte lauten: "Wie können wir das beste digitale Produkt für unsere Nutzer:innen bieten?“ Das erfordert zum Teil auch ein Umdenken der Branche in Richtung User Centricity. Wenn wir erreichen wollen, dass die Menschen in der digitalen Welt ihr Mobilitätsverhalten dauerhaft verändern, müssen wir zunächst ihre Bedürfnisse genau kennen. Nur so können wir passende Lösungen bieten.
Kannst du uns aus UX Research-Sicht eine wichtige Zahl aus der Mobilitätsbranche nennen?
9.833. Das ist die Anzahl der Feedbacks, die wir im vierten Quartal 2022 bekommen und analysiert haben.
Unsere mittlerweile schon traditionelle letzte Frage stellen wir auch dir, Karla: Was ist deine persönliche Zukunftsvision für eine Standard-Mobilitätsplattform?
Die Frage, die über allem stehen sollte, ist: „Was haben die Nutzer:innen davon?“ Nur so werden sie ihr Mobilitätsverhalten dauerhaft ändern.
Vielen Dank für das Gespräch, Karla.