Am besten lässt sich eine Product Company in Abgrenzung zu ihrem Pendant erklären: der Service beziehungsweise Project Company. Typischerweise werden dort Programmier- oder Beratungsleistungen in einem zeitlichen begrenzten Projekt nach Wünschen der (B2B-)Kunden erbracht und bei Abschluss des Projekts als Individuallösung an den Auftraggeber übergeben.
Im Mittelpunkt der Arbeit einer Product Company steht dagegen immer ein Produkt, das sie auf der Grundlage der Bedürfnisse der potentiellen Nutzer:innen entwickelt und an den Markt bringt. Der große Unterschied zur Individuallösung ist, dass bei einem (digitalen) Produkt kontinuierliche Innovation und Skalierbarkeit fester Bestandteil einer Product Company sind: Statt wie bei der Individualentwicklung ein festgelegtes Lastenheft abzuarbeiten, wird das Produkt auf der Grundlage von Nutzer:innen- und Kunden-Feedback ständig weiterentwickelt.
Bei Mobimeo ist unsere MaaS-Plattform ganz klar der Kern der Geschäftstätigkeit. Es gibt gute Gründe, warum wir uns entschieden haben, die Plattform als digitales Produkt zu entwickeln. Wir haben sehr früh gemerkt, dass das Service- oder Project-Set-up für MaaS nicht die optimale Lösung ist. Die heute am Markt weit verbreiteten Individuallösungen sind meist zu kurz gedacht. MaaS-Plattformen sind in Bezug auf das dort für die Nutzer:innen gemachte Angebot und die dafür notwendige Technologie hoch komplexe Lösungen - nicht selten dauern individuelle Entwicklungsprojekte länger als gedacht und werden teurer als erwartet. Während der Projektlaufzeit entwickeln sich die Bedürfnisse der Nutzer:innen und die technischen Rahmenbedingungen weiter und das Projekt kann nicht zum gewünschten Erfolg werden. Außerdem werden der Aufwand für Betrieb und Pflege oft unterschätzt, die Weiterentwicklung ist häufig mit hohen Kosten verbunden und führt zu nicht skalierbaren Lösungen. Aufgrund der Entwicklung als „Unikate” und der häufig überschaubaren Budgets bleiben regionale Lösungen in Bezug auf das User Interface (UI) - die Bedienung der App durch die Nutzer:innen - und die User Experience (UX) - das Erlebnis der Nutzer:innen bei der Verwendung der App - in der Regel hinter den großen Platzhirschen wie Google Maps zurück.
Als Product Company können wir dieses Dilemma auflösen: Durch unsere eigene Forschung (Research) wissen wir, was Kunden und Nutzer:innen wollen. Wir entwickeln unsere Plattform orientiert an ihren tatsächlichen Bedürfnissen. Die agile Arbeitsweise unserer Teams ermöglicht uns, innerhalb von Wochen statt von Jahren einsatzfähige Komponenten zu bauen. Wir übernehmen für unsere B2B- Kunden den Betrieb der Plattform sowie die kontinuierliche Weiterentwicklung und können so technologische Lösungen anbieten, die state of the art sind.
Unser Ziel war es von Anfang an, gemeinsam mit den Akteuren des Öffentlichen Personennahverkehrs (ÖPNV) eine wettbewerbsfähige Plattform aufzubauen. Unsere Arbeitsweise als Product Company bietet dafür grundlegende Vorteile. Wir haben in den letzten drei Jahren intern alle für eine nutzer:innenzentrierte (user-centric) Produktentwicklung benötigten Teams und Kompetenzen aufgebaut. Nur wenn wir zu jedem Zeitpunkt wissen und verstehen, was die Bedürfnisse der Nutzer:innen sind, können wir sie erfüllen. Welche Fragen stellen sich die Nutzer:innen auf dem Weg von A nach B, welche Informationen brauchen sie wirklich und welche Probleme ergeben sich? Am Ende entscheiden die Nutzer:innen, welche App sie für ihre Mobilität nutzen wollen. Daher spielen sowohl User Research, als auch Design eine große Rolle bei uns, um eine einfache und intuitive Nutzbarkeit der Apps zu gewährleisten.
Auf der Grundlage des Feedbacks von Nutzer:innen und Kunden entwickeln wir das Produkt iterativ - das heißt in kleinen Schritten - und kontinuierlich weiter. Wir setzen auf kurze Release-Zyklen, damit unsere ÖPNV-Kunden schnell neue Features und Versionen ihrer Apps einsetzen können. Sie profitieren so von unserer Roadmap, die für ständige Verbesserung der Plattform und für Innovationen sorgt.
Dass das Produkt am Ende von mehreren Kunden eingesetzt wird, hilft allen: Die Kosten werden geteilt und Verbesserungen kommen allen Partnern zugute. Dabei ist unsere Plattform von vornherein auf zukünftiges Wachstum ausgelegt. Aufgrund der skalierbaren Architektur können auch in Zukunft weitere Kunden an Bord genommen, regionale Anforderungen berücksichtigt und eine große Zahl an Nutzer:innen mit maßgeschneiderter Mobilität versorgt werden. „Nutzen statt Besitzen” ist auch hier das Motto.
Dabei kommen zwei Anforderungen zusammen: Zum einen ein tiefes Verständnis, wie das Alltagsgeschäft der öffentlichen und privaten Mobilitätsanbieter funktioniert. Zum anderen die technologische Expertise und das Know-how bei der Entwicklung digitaler Produkte. Nur wenn beides zusammengebracht wird, kann ein Angebot entstehen, das die Nutzer:innen begeistert und langfristig an den öffentlichen Verkehr bindet.
Wir haben diese Fähigkeiten bei Mobimeo systematisch aufgebaut. Wir haben Kolleg:innen an Bord geholt, die die Welt der Verkehrsunternehmen und -verbünde genau kennen oder schon für Sharing- und On-demand-Anbieter gearbeitet haben. Parallel haben wir die aus unserer Sicht für den Erfolg entscheidenden technologischen Domänen besetzt: Routing, Ticketing und Transaktionen. Jede Domäne besteht aus einem cross-funktionalen Team und treibt eigenständig die Weiterentwicklung des von ihm verantworteten Teils der Plattform voran.
Entscheidend für den Erfolg einer Product Company ist es, die richtigen Mitarbeiter:innen für das Unternehmen zu gewinnen und Prozesse einzuführen, mit denen sie bei großen Freiheitsgraden gemeinsam ein übergeordnetes Ziel verfolgen können. Bei Mobimeo arbeiten 170 Tech-, Produkt- und Markt-Expert:innen aus über 44 Nationen jeden Tag an unserer Vision von grüneren Städten und besser zugänglicher Alltagsmobilität.
Die Verkehrswende ist und bleibt der Maßstab, an dem der Erfolg neuer Mobilitätsangebote gemessen wird, die sich gegen das privat genutzte Auto durchsetzen müssen. Um die Klimaziele im Verkehr zu erreichen, muss in unserer Branche noch einiges passieren: Zahlen des Umweltbundesamts zeigen, dass die CO2-Emissionen im Verkehrssektor bis zum Jahr 2030 um 48 Prozent sinken müssen. Die Studie „Deutschland mobil 2030”, die im Auftrag des Verbands Deutscher Verkehrsunternehmen (VDV) durchgeführt wurde, kommt zu dem Ergebnis, dass hierfür eine Steigerung der Verkehrsleistung des Öffentlichen Personenverkehrs um 30 Prozent bis 2030 erforderlich ist. Die erheblichen Kosten, die mit dieser Transformation verbunden sind, müssen - wie im Gutachten „Verkehrswende gestalten” von Roland Berger im Auftrag des VDV dargestellt - über verbindliche Finanzierungsmodelle zwischen öffentlicher Hand und Verkehrsunternehmen sichergestellt werden.
Mit unserer Technologie schaffen wir einen einfachen Zugang zu nachhaltiger Mobilität. Wir ermöglichen das „Umsteigen im Kopf”, indem wir die notwendigen Informationen für eine fundierte Entscheidung zugunsten nachhaltiger Verkehrsmittel bereitstellen. Dafür machen wir mit den Apps, die auf unserer Plattform aufbauen, den Einstieg in den ÖPNV so einfach wie möglich. Durch ein übersichtliches Design und die Reduzierung der dargestellten Informationen auf das, was die Nutzer:innen für ihre Entscheidung oder Orientierung brauchen, schaffen wir ein intuitives UI. Für die weitere Entwicklung bieten zusätzliche Funktionen wie Check-in/Be-out enormes Potential: Sie erleichtern den Nutzer:innen die oft komplexe Entscheidung, welches Ticket für sie das richtige ist und beseitigen damit eine der größten Eintrittshürden in das System ÖPNV. Ein weiteres Beispiel ist die von uns entwickelte Park+Ride-Funktion in der Mobility Stuttgart App der S-Bahn. Dort schlagen wir Routen vor, bei denen das private Auto mit dem ÖPNV und der Nutzung von P+R-Parkplätzen kombiniert wird. Durch den auf einen Blick sichtbaren Vergleich mit der alternativen, nur mit dem Auto zurückgelegten Route inklusive Stau und Parkplatzsuche in der Innenstadt, wird deutlich, dass die kombinierte Route häufig die bessere Wahl ist.
Mobimeo bietet einen Mehrwert, der über das Produkt hinausgeht. Unser Ziel ist es, der ÖPNV-Branche eine Lösung an die Hand zu geben, mit der sie die Verkehrswende aktiv gestalten kann. Das gelingt, wenn wir eng zusammenarbeiten und die Möglichkeiten der Digitalisierung nutzen: schneller und besser zu sein als der Wettbewerb, um die Nutzer:innen über die digitale Schnittstelle für den ÖPNV zu gewinnen und an ihn zu binden. Die Möglichkeiten dafür sind groß: Vertrieblich mit neuen Abo- und Ticketmodellen oder dem Mobilitätsbudget sowie kommunikativ, indem der direkte Zugang zu den Nutzer:innen über das Smartphone genutzt wird.
Mit der MaaS-Plattform von Mobimeo ist die Basis dafür gelegt worden. Mit jeder App von Verkehrsunternehmen und -verbünden, die auf dieser Plattform aufbaut, wird die Reichweite des ÖPNV-Angebots vergrößert und eine eigene digitale Kundenschnittstelle etabliert. Indem die Branche die Chance der Vernetzung und der Etablierung von Standards - zum Beispiel bei Echtzeitdaten und beim Ticketing - nutzt, kann sie die Zukunft der Mobilität aktiv gestalten.
Die Interviewpartnerin
Heike Löffler ist Chief Commercial Officer (CCO) bei Mobimeo. Aufgrund ihrer langjährigen Erfahrungen im Mobilitätssektor kennt sie die Branche genau und entwickelt gemeinsam mit Mobimeos Partnern die besten MaaS-Lösungen für die Branche. Bevor sie zu Mobimeo kam, hat Heike als Management Consultant Geschäftsstrategien und digitale Transformation vorangetrieben.